Weitere 500 Kilometer später fühle ich mich irgendwie zwischen allen Stühlen. Ein richtiges "Zu-Hause-Gefühl" zu entwickeln, war mir bei den einzelnen auch nur angerissenen Stunden, die ich in meiner komischerweise viel zu aufgeräumten Wohnung verbracht habe, nicht möglich. Hier schon gar nicht. Wie auch, bin ja grad erst zur Tür herein. Die kurze Zeit zu Hause genutzt um Klamotten auszupacken und neue wieder einzupacken, meine Internetsucht zu befriedigen und natürlich kurz zu telefonieren, was mir allerdings eher Vorwürfe und Kritik einbrachte. Dazu noch Informationen die mich freuen und gleichzeitig auch nicht. Die darauf folgende Melancholie findet ihren vorläufigen Höhepunkt auf dem Weg nach Bielefeld, lässt sich allerdings durch eine relativ vielschichtige Kommunikation mit relativ vielen Personen, die ich einfach mal als Stimmungsaufheller benutze, in relativ geringer Zeit aufhalten (ein sehr rothaariges junges Mädchen mit einer sehr lädierten Marktkauftüte, einen nicht mehr ganz so jungen Herren, der sich mir als "Stefan" vorstellt, einen Typen der scheinbar mit Druckern dealt, mich nach "L’amour" fragt und mich ganz kurz an dem lange nicht erlebten Vorglühloungeduft schnuppern lässt, ein enorm erfreuliches Telefonat mit meiner Mama, 2-3 nette SMS). Doch die vor mir liegende Fahrtzeit von geschätzen 4 Stunden eignet sich hervorrragend zum Grübeln, Nachdenken, und wieder Grübeln, zur selbstkritischen Betrachtung allermöglichen Aspekte usw usf... und darum lässt auch die Melancholie nicht lang auf sich warten und kehrt mit geballter Kraft zurück. Kurzzeitig vergesse ich sogar die Temperaturanzeige im Auge zu behalten (ist mir seit 6 Jahren nicht mehr passiert). Nun, die Nadel hat den roten Bereich deutlich überschritten und so sehe ich mich zur Schleichfahrt auf der rechten Spur gezwungen, wenigstens bis die Temperatur wieder unter 100 ist. Die trübe Stimmung bleibt, genauso wie die Frage nach meinen Fehlern, meiner Inkonsequenz und der augenscheinlichen Unfähigkeit aus der Vergangenheit zu lernen. Die Parallelen finden ihren Schnittpunkt, doch schneiden sie nicht nur sich sondern auch mich. Erneuter Höhepunkt. Trommelwirbel. Eine SMS. Noch keiner hat mir versprochen, die Sterne vom Himmel zu holen, darum ist es heute auch gleich der Mond. Viel schlimmer noch als dieser Umstand ist das "Für Dich". Ich schiele vorsichtig rauf, zum Mond, und bin fast erstaunt, doch auch beruhigt ihn dort zu sehen, genau da wo er hingehört. Und ich schaue noch mal hin. Slowmotion. Der Groschen fällt. Langsam, der Mond grinst mich an, voll und rund, so als ob nichts wäre. Vollmond hat mich bislang selten gestört, heute tut er es. Der ertappte Übeltäter hüllt sich kurz in zarte Schleierwolken und ich habe fast das Gefühl er schämt sich dafür, mir deratig die Laune zu verderben.